Blog Post

Positive und negative Verstärkung

  • von Svenja Stuck
  • 08 Okt., 2018

Was ist das eigentlich?

Beim Pferdetraining arbeite ich sowohl mit positiver, als auch mit negativer Verstärkung. Wo liegt der Unterschied und warum ist negativ in diesem Zusammenhang nichts Schlechtes? Alle Infos hierzu findest Du im Artikel.

Positive Verstärkung
Das Wort „positiv“ beschreibt etwas Gutes, etwas Tolle. Es ist ein schönes Wort, mit dem wir tolle Sachen verbinden. Außerdem hat „positiv“ auch noch eine weitere Bedeutung: im mathematischen Sinne sagt der Begriff aus, dass etwas über Null liegt bzw. etwas hinzugefügt wird. Etwas positives ist also im wahrsten Sinne des Wortes ein Mehrwert.
So ist es auch im Pferdetraining. Hier bekommt das Pferd eine spürbare positive Reaktion vom Menschen, wenn es etwas richtigmacht. Dies kann zum Beispiel ein Leckerli sein, eine Fresspause oder ein Lob. Wichtig ist, dass das Pferd auf das, was es richtigmacht, ein positives Feedback vom Menschen bekommt. Diese Belohnung muss so schnell erfolgen, dass das Pferd auch weiß, auf welches Verhalten dieses bezogen ist.
Die positive Verstärkung hilft dem Pferd zum einen schnell zu verstehen, was es tun soll. Zum anderen fördert es die Motivation des Pferdes etwas richtig zu machen. Wie die positive Verstärkung im Selbstversuch aussieht, erzählt Dir Lenina01.at. Wie Du hier mit Futterlob richtig umgehst um zu vermeiden, dass Dein Pferd das Betteln anfängt, erfährst Du in folgendem Artikel.
Negative Verstärkung
Mit dem Ausdruck „negative Verstärkung“ assoziieren die meisten Menschen als erste Reaktion Strafe. Tatsächlich ist die Terminologie etwas irreführend. Schließlich bedeutet “negativ“, dass etwas schlecht ist. Und was liegt da im Bereich Pferdetraining näher, als die Strafe?
Allerdings bedeutet das Wort „Verstärkung“ auch, dass etwas unterstützt wird, wohingegen mit einer Strafe in der Regel eher ein unerwünschtes Verhalten unterbunden werden soll.
Schauen wir uns den Begriff „negativ“ jetzt noch einmal genauer an, fällt auf, dass auch hier eine Deutung aus mathematischer Sicht möglich ist: „negativ“ bedeutet hier, dass etwas unter Null liegt bzw. etwas abgezogen wird. So ist es auch bei der negativen Verstärkung:
Das bedeutet nämlich, dass Pferd durch das Wegnehmen des zuvor aufgebauten Drucks (keine Gewalt oder Schmerzen!!!) in seiner Reaktion bestätigt wird. Tolle Beispiele für diese Art des Trainings sind das Porcupine Game (Stachelschwein-Spiel) und das Driving Game (Treibspiel) nach Parelli. Hier wird nach und nach physischer bzw. rhythmischer Druck aufgebaut um das Pferd zu einer bestimmten Reaktion zu veranlassen. Sobald die gewünschte Reaktion erfolgt, wird der Druck sofort weggenommen. Das Verhalten des Pferdes wird also durch Nachlassen des Drucks in seinem Verhalten bestätigt.
Negativ bedeutet in diesem Sinne also nichts Schlechtes für das Pferd, sondern lediglich, dass die Verstärkung durch das Nachlassen der Hilfen erfolgt.
Negative Verstärkung aus der Sicht der Pferde
Wie und warum positive Verstärkung funktioniert, ist für uns Menschen leicht nachzuvollziehen. Schließlich ist ein Lob oder sonstiges positives Feedback auch für uns eine tolle Bestätigung und Motivation.
Die negative Verstärkung ist für uns nicht ganz so selbstverständlich zu verstehen. Warum diese aber für das Pferd absolut logisch und verständlich ist, wird klar, wenn wir Pferde im Umgang miteinander beobachten. Dir wird auffallen, dass sich Pferde gegenseitig nicht loben und sich schon gar nicht gegenseitig mit Futter belohnen. Positive Verstärkung gibt es bei Pferden untereinander nicht bzw. nur sehr eingeschränkt. Innerhalb einer Herde kommunizieren Pferde mit Hilfe von negativer Verstärkung miteinander. Steht z.B. ein rangniedriges Pferd am Futterplatz und ein ranghöheres Pferd möchte es dazu veranlassen ihm Platz zu machen, übt es Druck auf das rangniedrigere Pferd auf. Je nachdem wie unterschiedlich die beiden Pferde im Rang stehen und wie gut sie sich allgemein leiden können, kann dies sowohl durch Blicke und kleine Gesten, als auch durch Bisse und Tritte geschehen. Doch egal wie und auf welchem Level der Druck aufgebaut wird, eines bleibt immer gleich: Sobald das rangniedrigere Pferd Platz macht, also die gewünschte Reaktion zeigt, lässt der Druck des ranghöheren Pferdes nach und es lässt das andere Pferd in Ruhe.
Da dieses Verhalten fest in der natürlichen Kommunikation der Pferde verankert ist, ist negative Verstärkung für sie auch vollkommen logisch und leicht nachzuvollziehen.
So arbeite ich mit positiver und negativer Verstärkung
Wie bereits erwähnt, nutze ich bei der Arbeit mit Pferden sowohl positive, als auch negative Verstärkung: Druck und das entsprechende Nachlassen um dem Pferd überhaupt verständlich zu machen, was ich von ihm möchte und zusätzlich positive Verstärkung um die Bestätigung für eine richtige Reaktion noch zu intensivieren.
By the way: Ich habe bis heute noch nicht rausfinden können, wie Menschen die angeblich komplett ohne Druck und nur mit rein positiver Verstärkung arbeiten, ihrem Pferd klar machen, was sie überhaupt von ihm möchten. Selbst eine erhöhte Energie oder eine aufgelegte Hand bei der Bodenarbeit sowie eine feine Gewichtshilfe beim Reiten üben schon Druck aus. Dies ist kein Druck im negativen Sinne von "unter Druck setzen" oder Schmerz, aber es ist dennoch definitiv Druck, der bei einer richtigen Reaktion ja auch logischer Weise wieder nachgelassen wird.
Wenn Ihr so arbeitet oder wisst, wie das funktioniert, lasst mir gerne einen Kommentar da. Es würde mich echt interessieren :)
Bei Basics aus dem Natural Horsemanship, wie z.B. einfaches Weichen, die für Bella und mich zum alltäglichen Umgang gehören, lasse ich die positive Verstärkung mit der Zeit auch immer mal wieder weg. Bei Übungen wie z.B. Zirkuslektionen die für Pferde nicht zum normalen Verhalten dazu gehören, nutze ich die positive Verstärkung umso intensiver. Außerdem nutze ich sie gerne und viel, wenn ein Pferd vor etwas Angst hat. Hier nutzt es in der Regel wenig großen Druck aufzubauen. Dafür belohne ich hier jede Beschäftigung mit dem Gruselobjekt und jeden Schritt darauf zu mit überschwänglicher positiver Verstärkung. Mehr zu diesem Thema findest Du in meinem Artikel zur Desensibilisierung.
von Svenja Stuck 07 Jan., 2023
Ich werde immer wieder von Schülern gefragt, ob sie beim Training Stimmkommandos verwenden sollen oder besser nicht. Prinzipiell muss es natürlich jeder für sich entscheiden, ob er mit Stimmkommandos arbeiten möchte oder nicht. Wie ich zu dem Thema stehe und wie Du Stimmkommandos sinnvoll einsetzen kannst, erfährst Du in diesem Artikel.
von Svenja Stuck 17 Dez., 2022
Der Rücken ist ein der empfindlichsten und gleichzeitig wichtigsten Stellen am Körper eines Pferdes. Hat ein Pferd hier Schmerzen oder Probleme, wirkt sich dies auf den gesamten Bewegungsapparat aus. Und auch an Reiten ist bei Rückenproblemen natürlich nicht zu denken. Rückenprobleme beim Pferd können Ursachen für vielfältige Probleme, gesundheitlicher Art, aber auch beim Reiten und im Umgang sein. Woran Du erkennst, ob Dein Pferd Probleme mit dem Rücken hat und woher diese kommen können, erfährst Du hier. 
von Svenja Stuck 03 Dez., 2022
Starrer Blick nach vorne, erhobener Kopf und Vollgas – auf einem durchgehenden Pferd zu sitzen gehört wohl zu den Horrorszenarien der meisten Reiter. Doch was tun, wenn das Pferd wirklich durchgeht? Und gibt es eine Möglichkeit, dass Durchgehen im Vorfeld zu verhindern?
von Svenja Stuck 19 Nov., 2022
Sei leicht wie der Wind! Denn mehr braucht es nicht um mit einem Pferd zu kommunizieren.
von Svenja Stuck 05 Nov., 2022
So lernt Dein Pferd auf Kommando frei, ohne anbinden stehen zu bleiben.
von Svenja Stuck 22 Okt., 2022
Immer wieder finden sich auf Facebook und in Foren wilde und zum Teil ausufernde Diskussionen über die Gretchenfrage ob mit oder ohne Helm geritten wird. Die Argumente für das Für und Wider sind dabei meistens die gleichen: Reiter die ohne Helm aufs Pferd steigen sind verantwortungslos, gefährden ihr Leben und sind ein schlechtes Vorbild. Reiter die hingegen mit Helm reiten, haben ihr Pferd schlecht ausgebildet, kein Vertrauen zum Tier und sind naiv weil sie glauben, dass ein Helm beim Sturz Schlimmeres verhindern kann, obwohl Bein- und Armbrüche oder Rückenverletzungen viel häufiger vorkommen als Kopfverletzungen (nur so als grobe Beispiele). Ich bin bei derartigen Diskussionen von Natur aus eher jemand, der nach dem Prinzip leben und leben lassen verfährt. Dennoch möchte ich Euch hier einmal kurz meinen Standpunkt zum Thema Reithelm darlegen :)
von Svenja Stuck 24 Sept., 2022
Eigentlich wollte ich diesen Artikel erst viel später schreiben, aber da wir am Wochenende seit Langem noch mal eine Situation hatten, die ich hier perfekt als Beispiel anführen lässt, ziehe ich ihn einfach mal vor :)

Mit diesen Tipps könnt Ihr es schaffen, einem nervösen Pferd Ruhe zu vermitteln.
von Svenja Stuck 03 Sept., 2022
Ein passender Sattel ist essenziell für ein gutes Training und das Wohlbefinden Deines Pferdes. Erfahre hier mit welchen Signalen Dir Dein Pferd zeigt, ob es mit seinem Sattel zufrieden ist oder nicht.
von Svenja Stuck 20 Aug., 2022
Gemeinsam mit dem Hund ausreiten ist ein tolles Erlebnis. Dennoch sollten einige Dinge vor der ersten Tour zu dritt geübt und beachtet werden.
von Svenja Stuck 06 Aug., 2022
Manchmal muss auch einfach ein bisschen Spaß sein - das Kopfschütteln auf Kommando ist ein lustiger kleiner Zirkustrick für zwischendurch. So bringst Du ihm Deinem Pferd spielend leicht bei >>
Show More
Share by: